Nirgendwo in Afrika -

Toskana, irgendwo da!


Das war der Plan, mehr nicht. Ok, natürlich möglichst granulatartiger Untergrund sollte es auch sein, wozu sonst mit der „dicken“ Enduro in den Urlaub, und Toskana weil da immer schönes Wetter ist, kann man in jedem Fotoprospekt nachschauen, desweiteren wusste André aus mehreren Urlauben in dieser Region von massenweise Schotterstrecken zu berichten die es abzufahren gilt und dass ganz legal - legal wurde auch ein Motto der Reise.


Das dort auch jeder mit einem Schiesseisen auf die Jagt gehen darf, wenn er nicht gerade blind ist, und Motorradfahrer hier und da auch mal als lohnendes Ziel erkannt werden erfuhren wir erst vor Ort, ein Jäger erzählte es uns, freundlich und nur bewaffnet mit einem borstigen Kampfdackel in Schuhkarton Größe. Gottvertrauen hilft vor Ort über solche Informationen hinweg und ein wenig die Hoffnung das es den lauteren von uns beiden erwischt, sollte es dazu kommen, also das Blinde eventuell hier auch jagen.


Dicke Enduro, ist dem aufmerksamen Mitleser vielleicht aufgefallen, ja damit sind unsere leichten 690er von KTM Basel umgebauten Enduros gemeint die mit 32 Liter vollgetankt auch 178kg auf die Waage bringen, was im Gelände immer noch ne Menge ist sollten sie mal gehoben werden müssen, im Vergleich zu unseren Adventures dennoch in Wahrheit Leichtgewichte sind.  Wer nicht weiss um was es geht >>hier<< kann man es nachlesen.





Wir starteten am 30. April, André war am Vortag mit kleinem Gepäck (für ne Weltreise) mit dem Flieger aus Hamburg in Frankfurt am Main aufgeschlagen und mit einem Shuttle nach Idar-Oberstein gekommen. Seit gut 2 Monaten stand nun seine umgebaute 690er in meiner Garage und er  sah sie zum ersten mal Live, rührende Szenen spielten sich zwischen den beiden ab.


Nach dem ersten Begrüßungskaffee machten wir uns an notwendige, überlebenswichtige,  Umbauarbeiten an dessen KTM, das kurze US- Heck musste und die LED Blinker hinten ebenso befestigt werden, desweiteren Widerstände angeschlossen damit die Blinkerfrenquenz nicht so hoch war.


Am Abend ging es noch zu meinem Lieblings Italiener um uns schonmal auf Italien einzustimmen und nach kurzer Nacht fuhren wir am kommenden Morgen los. BellaItalia wir kommen.


Tja, kaum in Frankreich und nach 300km wäre die Reise fasst schon zu Ende gewesen.

Die französischen Autobahnraststätte Kaisersbourg, 90km vor Basel, fuhren wir für einen erste Pause an und als ich die Füsse auf den Belag stellte rutschte ich rechts leicht weg, ungewöhnlich, auch das mein rechtes Hosenbein dunkel aussah und der Stiefel ölig. Die komplette rechts Seite war ab Motor verölt und auch der komplette Hinterreifen, mehr Glück als Verstand. Das waren nicht nur ein paar Tropfen die da verloren gingen, im Schauglas war etwas Öl unterhalb der Minimalmarkierung zu sehen. 


Erstmal eine dicken Hals, dann wurde geschraubt, wie sich herausstellte war der O-ring des Ölfilterdeckels auf ca. 120° zerquetscht, ein Fehler der bei der 1000er Inspektion passiert sein muss, sehr ärgerlich, aber für was hat man den die KTM Hotline. Angerufen, gleich jemand dran, Daten übermittelt, Standort festgestellt und auf Rückruf wartende, bis hier hin schon mal gut. Erst Morgen ist Feiertag und es war gerade mal 14 Uhr, das sollte doch kein Problem werden. Dann der Anruf und die Aussage: „man kann auf französischen Autobahnen keinen Reparaturdienst hin verweisen und auch nicht abschleppen lassen da in Frankreich gilt das alle Abtransporte von der Autobahn, Raststätten zählen auch dazu, nur über die Polizei erfolgen dürfen und das müssten WIR vor Ort erledigen!“ ....hähhhh?!?!


Das haben wir dann mal so stehen lassen und mittlerweile mit KTM Basel telefoniert, Jeroem, der zwar nicht kommen konnte aber wenigstens diese O-Ringe vorrätig hatte, also bin ich mit Andrés KTM nach Basel gerauscht, O-Ring eingesteckt und wieder zurück, 190km in 1,5 Stunden, das wäre mit der KTM Adventure auch nicht schneller gegangen. Den O-Ring montiert, ja und dann Öl gekauft, natürlich nur im 5 Literkanister an der Raststelle zu bekommen, 10% davon eingefüllt und den Rest auf der Abdeckung des Mülleimer vorm Haupteingang stehen lassen - wenn dieser noch da steht darf sich bedienen wer mag. Einen Anruf gab es dann auch noch vom KTM Notdienst mit der Frage ob man sie nun denn noch brauche. (Tatsache!)


Weiter ging es wieder über Basel, wieder bei Jeroem (KTM Basel) angehalten wo André sich dort mal real vorstellte, bisher kannte man sich nur über Mail und Telefon, dabei wurde ganz nebenbei dessen Ladekabel des Navigerätes richtig angeschlossen und schon ging es weiter, kurz vor Luzern, in Sempach am gleichnamigen See schlugen wir unser Nachtlager in der Pension Adler auf, ein erster langer Tag ging zu Ende, 500km für Andre und ich knappe 700km, autsch.





Der 2. Tag der Blick aus dem Hotelzimmer war  schonmal vielversprechend.


Den Gotthard würden wir nur durch den Tunnel nehmen, dass stand fest nachdem wir hörten das da am Pass noch 12 Meter hoher Schnee liegen soll, schade, aber Anfang Mai auch normal, nicht diese Schneehöhen aber das er noch gesperrt und somit unpassierbar ist.
Heute steht noch mal eine lange Autobahnstrecken an und diese Zeit nutzt manN zum Nachdenken, ich überlege an solchen Tourtagen immer mal was ich im Reisebericht schreiben kann, obwohl noch am Anfang der Reise gab es ja schon genug Material, dieses mal dachten wir beide wohl nur darüber nach wie es sein kann das eine so schöne Sitzbank so hart sein muss.


Ich vermute ja ernsthaft die Jungs die man immer auf der Paris Dakar Rallys stehend fahren sieht sich nur deshalb nicht setzen weil das Teil sooo hart ist. Wie aber kann man diese Komfort am Besten dem geneigten Leser beschreiben, wie fühlt sich das bereits an nach 50km Dauertempo 120km/h an.


Was sich bestätigt ist die 690er ist, wie vermutet, wirklich Langstrecken tauglich, sicher nicht so komfortable wie mit den großen GS/Tenere/KTM Adventure, wie schon erwähnt auch wegen der Sitzbank, der Motor vibriert auch deutlich bis heftig aber nie so das es nicht auszuhalten wäre und Tempo 140-150km/h ist als Dauertempo gut machbar ohne das man den Einzylinder großartig quälen tut und dank der Verkleidung ist der Windschutz am Oberkörper in etwa so gut wie an meiner alten 990 Adventure, lange Autobahnetappen sind aber auch die einzigen Strecken wo man größere Nachteile mit den Einzellern hat, sobald es auf kurviges Geläuf kommt fängt der Spass so richtig an.


Die Kilometer verstreichen ab einer gewissen Distanz recht schnell weil auch irgendwie der Kopf abschaltet, zumindest der Zählmodus, man schiebt nur noch die Meter unterm Hintern durch und irgendwann wird man wieder wach und wundert sich wo den die Zeit geblieben ist.


Als wir in Calestano, einem kleinen Ort, ca. 30km Süd-Westlich von Parma, in einem kleinen Refugio, ankamen hatte André dann auch die richtigen Umschreibung, ihr wisst schon für das Gestühl, die Sitzfläche bietet den Komfort wie ein halber Meter Schwebebalken plus dünnem Lederbezug.






Der 3. Tag und es ging von der Region Emilia Romagna in die Toskana hinein. Als wir gegen Mittag die Grenze kurz hinter Faidello überquerten war ich ganz baff, links und rechts der Straße lag großflächig und in großer Höhe Schneehaufen, viel Schnee, gut wir waren auf 1700 Meter und hier war auch ein Ski Gebiet aber wir haben den Wonnemonat Mai, mit 9 Grad war es wenigstens „erträglich“ und die Straßen trocken aber das soll sich heute doch hoffentlich nochmal ändern. 


Es war auch Zeit mal die ein oder andere Schotterstrecke zu testen, meist waren es Sackgassen was aber alles andere als störend war, fühlt sich gut an mit den Neuen, selbst mit dem Gepäck zogen wir für unsere Verhältnisse schon ordentlich am Kabel.


Erst spät in Küstennähe machte der Himmel auf und lies die Sonne scheinen, das Thermometer zeigte auf einmal 22° Grad, jawohl jetzt waren wir in der Toskana, bis hier her war es aber schon gruselig.


Die Zimmersuche erwies sich etwas schwieriger als gedacht, so dass wir uns auf die 30km entfernte Küste machten, in Livorno, praktisch zum Sonnenuntergang und direkt am Hafen, fanden wir dann ein ansprechendes Hotel mit super Zimmer und klasse Restaurant, angekommen, und es fühlte sich gut an, selbst der Hintern.



Übers Internet saugte André dann mal noch ein paar Adressen heraus wo wir für die nächsten Tage bleiben könnten, die Region um Volterra und San Gimignano wurde auch wegen der Wetterprognose als Zielgebiet auserkoren. In dem kleinen Ort San Donato direkt vor San Gimignano setzen wir mal einen Wegpunkt, keine 180km von Livorno weg, dass würde nicht lange dauern und wir könnten, wenn sie dort Zimmer für die kommenden 3 Tage haben, schon morgen Mittag ohne Gepäck die ersten Schotterstrecken abstauben.





Am 4. Tag, sehr gut gefrühstückt und schon waren wir wieder unterwegs, dieses mal war auch das Wetter so wie es in den Prospekten der Toskana immer ist, die Landschaft war unglaublich, so früh im Jahr war ich noch nie hier und so saftiges grün hab ich schon lange nichts mehr gesehen, die Brauntöne die ich aus der  Toskana kenne waren praktisch alle verschwunden, mag auch sein das wir in diesem Jahr Zuhause auch noch keine grünen Blätter hatten und es deshalb so extrem Wirkung hinter lies, hier war die Natur gerade so richtig am explodieren, einfach traumhaft.


Über viele kleine und kleinste Straßen, natürlich auch wieder Schotterpassagen und Sackgassen bzw. Gehöfte die das Ende des Weges markierten, einmal sogar wo wir von einem Deutschen Schäferhund (Überläufer) in die Flucht geschlagen wurden, war alles dabei was der 690er und uns so richtig spass macht, die Zeit verflog im Tiefflug und schon standen wir vor unserem Wunschdomizil, für die kommenden 3 Nächte war auch Platz für uns und nach gut 30 Minuten, das Gepäck war in den Zimmern verschwunden, waren wir auch schon unterwegs, einfach der Nase lang jeden Feld und Waldweg am abklappern der irgendwie im Augenwinkel erschienen ist. Wunderbar. Einfach Planlos durch die Botanik ohne das sich jemand daran stört, so soll es sein.


Wie das so ist, die schönsten Dinge vergehen meistens am schnellsten, so war auch schon bald der Abend erreicht und wir zufrieden und happy über unsere Eierlegenden-wollmilchsäue die genau das konnten was sie sollten, wenn sie jetzt noch lange halten haben wir das perfekte Motorrad für uns gefunden.


Am Abend wurde anhand einer Karte und Internet eine Route zusammen gestrickt, hier gab es tatsächlich mehr Feld und Waldwege als Straßen, einfach nur genial. Gut gelaunt und etwas angeheitert ging es in die Zimmer.





Tag 5, 6, 7,...

Was soll man schreiben wenn man die Tage abseits unterwegs ist, stimmt so aber nicht, am Tag 6 waren wir keinen Meter gefahren da es ordentlich am Regnen war und erst gegen 16 Uhr die Sonne raus kam, für mich war das somit der Waschtag,  mal alle Klamotten nass, sauber und vor allem trocken zu bekommen. Mit Stromer aus dem Reiseforum hatten wir mittlerweile über SMS Kontakt, unser geplantes Treffen viel somit ins Wasser, er antwortete nur „...wir sind irgendwo im Apennin und schwimmen nach Süden..“.
Da bekommt der Begriff „Wasserboxer“ mit dem er dieses Jahr unterwegs ist ne ganz eigenen Bedeutung.


Was wir so am 5. und 7. Tag getrieben haben könnt euch am besten im Film anschauen... <..Filmseite..>




Der 8. Tag heute war wieder aufrödel und arrivederci Tag.


Hoch zum Garda soll es gehen, wir wollen versuchen den Tremalzo zu fahren, unklar ist ob dies bereits funktioniert den wenn in der Toskana auf 1700 Meter noch Schnee liegt ist die Wahrscheinlichkeit hoch das es in den Alpen kaum besser aussehen kann. Die Autobahn bis südlich vom Gardasee war schnell erledigt und André sein Vorschlag mit der Fähre von Torri del Benaco rüber nach Toscolano ans Westufer des Garda zu fahren passte mir auch sehr gut. 

Das war herrlich, in dieser Jahreszeit ist kaum was los, die Straßen für Gardasee Verhältnisse praktisch leer und das Angebot an Zimmern überwältigend.


Idealer Ausgangspunkt für den Tremalzo ist für mich die Schauderterasse, das Hotel Paradiso wo wir für 35€ die Nacht gut untergebracht waren und weil noch so früh im Jahr und sicher auch dank der negativen Wetterprognosen dieses mal auch zwei Zimmer mit Balkon zum See hin frei waren. Das hier gehört sicherlich mit zu den schönsten Plätzen auf diesem Planeten die ich kenne, allerdings kenn ich Global betrachtet noch fast garnix, bin aber froh mich über solche Standorte richtig freuen und diese geniessen zu können und muss nicht 10.000km irgendwo in den Dschungel verreisen um dieses Gefühl zu haben.


Den Tremalzo wollen wir fahren, der Chef im Hotel hat da schon seine Vordrucke liegen und der Wunsch war ja nur eine Nacht zu bleiben, ein Telefonat mit dem Bürgermeister, ja hier kennt man sich, war von der Länge und Stimmlage her recht aufreiben so dass es wohl die obligatorische 2. Nacht im Hotel geben muss... , aber bei 35€ die Nacht und unserem Plan erst am Donnerstag in Hammelburg beim Forumstreffen aufzuschlagen sagten wir noch währende der heissen Telefonphase zu zwei Nächte zu bleiben.




Der 9. Tag, Tremalzo legal, komisch an den Verbotsschildern für Motorräder vorbei zu fahren, leider wissen die wenigsten der M-Biker das Motorradfahrer mit Genehmigung hier hoch dürfen und meinen das dann auch immer mal uns zeigen oder sagen zu müssen. Ich hab richtig Respekt vor diesem Pass, das scheint seit letztem Jahr mit unserem Versuch den Mont Chaberton zu bezwingen stärker zu werden, ich hoffe es liegt nicht nur am zunehmendem Alter und ich kann nur mit dem Kopf schütteln wenn ich so manchen Beitrag aus dem Alpenrouten.de lese wenn Leute schreiben wo den da das Problem bei liege, für mich sind das spätpupertäre Aussagen wenn Leute schreiben diesen Pass hinauf(!) wäre kalter Kaffee, kann mir keiner erzählen, wenn er nicht gerade mit einer leichten Trailmaschine unterwegs ist es als unspektakulär und simple zu umschreiben, zumindest die 99% Straßen und Hobby Endurowanderer wie wir es auch sind haben da eine lösbare aber keinesfalls einfach Aufgabe. Unterschätzt die Gefahren abseits der normalen Straßen Routen in den Bergen niemals! Die Belohnung ist natürlich dann immer der Kick wenn man es geschafft hat, man ist drüber, über seinen Schatten, die Aufgabe, am Ziel, wunderbar.


Der Film zum Abenteuer,

Tremalzo legal

siehe <..Filmseite..>




Der 9. Tag ...Ende der Tour.


Der Rest der Geschichte ist nun schnell Erzählt, in einem Rutsch ging es 700km in den Norden in die nähe von Hammelburg wo unser Reiseforum Treffen stattfand, alte Bekannte und neue Gesichter begegneten sich, dass ist aber eine andere Geschichte.


André und ich hatten unsere erste große Ausfahrt in diesem Jahr hinter uns gebracht, schön war es!


Ich hoffe Ihr hattet Eure Freude bei Text, Bild, Film.


Viele Grüße und endlich besseres Wetter,


Euer

Michael /mimoto

<..Fotogalerie..>http://www.mikemoto.de/Mikemoto_3/MTour_Toskana_2013_files/ToskanaFoto2013/index.html
<..Filme..>MTour_Toskana_2013_Film.html
<..Fotogalerie..>http://www.mikemoto.de/Mikemoto_3/MTour_Toskana_2013_files/ToskanaFoto2013/index.html
<..Filme..>MTour_Toskana_2013_Film.html